Senioren Union

 

 

Jahresfahrt 2008 der Senioren Union Herscheid führte nach Sachsen-Anhalt
Abstecher nach Goslar, Wernigerode, Leipzig, Halberstadt und Alsfeld.

 „Ohne Plan sich auf die Reise begeben, heißt erwarten, dass der Zufall uns ans Ziel führe, das wir selbst nicht kennen“, so hat es einst der Dramatiker und Lyriker Heinrich von Kleist formuliert. Für die Fahrten der Senioren Union Herscheid ist allerdings eine detaillierte Planung unabdingba-re Voraussetzung eines Erfolg versprechenden Verlaufs. So stand auch die diesjährige fünftägige Reise nach Quedlinburg unter einem guten Stern, so dass am Schluss alle 53 Teilnehmer zufrieden und begeistert waren.

Erste Station mit einem längeren Aufenthalt war die Kaiserstadt Goslar mit ihrer über tausendjähri-gen Geschichte. Die Historiker vermuten, dass das Auffinden der ersten Silberadern die sächs-ischen und salischen Kaiser veranlasste, hier ihre größte und sicherste Pfalzanlage zu bauen. Jahr-hundertelang wurde sie zum bevorzugten Regierungssitz im deutschen Norden. Gleichzeitig ent-stand hier ein Zentrum des christlichen Glaubens. 47 Kirchen und Kapellen bestimmten mit ihren zahlreichen Türmen die einzigartige Silhouette der Stadt.

Noch heute ist ihr Anblick auf die gesamte Altstadt mit den Türmen von fünf großen Pfarrkirchen beeindruckend. Ein „Abenteuer“ ist der Weg von der Oberstadt zum Marktplatz mit den engen, kopfsteingepflasterten Gassen, wo jedes Haus seine eigene Geschichte hat. Verschwiegene Winkel warten darauf, entdeckt zu werden. Repräsentative Renaissancehäuser aus dem 16. Jahrhundert wechseln sich mit vielen mittelalterlichen Bürgerhäusern ab.

Der Marktplatz mit Marktkirche und Rathaus sowie den prächtigen Patrizier- und Gildehäusern öffnet sich weiträumig zu einem zentralen Kommunikationsort. Hier pulsiert das Leben und die Herscheider genossen in einem der zahlreichen Restaurants oder Cafes, an diesem sonnendurchflu-teten Tag im Freien ihre Mittagspause, an der sich ein weiter Rundgang anschloss.

Als am späten Nachmittag das Reiseziel Quedlinburg erreicht war, präsentierte sich der Mittel-punkt des Ortes in „Sonntagslaune“. Der zweitägige „Quedlinburger Kaiserfrühling“ ging dem En-de zu und das Häuserensemble rund um das Familienhotel „Zum Bär“, in dem die Herscheider einzogen, erstrahlte in der frühen Abendsonne. Die erste Überraschung war perfekt. Das über 250 Jahre alte Komforthotel im Herzen der Stadt stellte sich als ein Musterbeispiel sanierter  Bau-substanz dar. Erst kürzlich wurden die Sanierungsarbeiten abgeschlossen, was im Ergebnis den Erhalt der Fassade bedeutet, aber im Innern modernsten Ansprüchen gerecht wird. Die Senioren waren begeistert von der schlichten Eleganz, den individuell eingerichteten Zimmern sowie dem romantischen Ambiente. Hotelleitung und Personal taten in den nächsten Tagen alles, um den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten, was voll gelungen ist.

Der nächste Tag stand ganz im Zeichen der Erkundung Quedlinburgs. Angeführt vom Stiftshaupt-mann Hans-Jürgen Meie im historischen Gewand (siehe Foto) erlebte die Reisegruppe einen Ort, der Vergangenes lebendig werden lässt. Die 1.300 Fachwerkhäuser sind zu 53 Prozent saniert, so dass sich der Renovierungsprozess auch in den nächsten Jahren fortsetzen  wird.

Die Stadtführung verstand es exzellent, alles Wissenswerte anschaulich zu vermitteln. Wenn auch der Gang durch die mit Kopfsteinpflaster versehenen Straßen und Gassen nicht ganz unbeschwer-lich war, so wurden alle belohnt durch die Lebendigkeit des Vortages und eine Fülle von Eindrü-cken, die sich bei jedem Schritt ergaben. Der geschlossene mittelalterliche Stadtgrundriss mit seinem Bestand an Fachwerkhäusern dokumentiert mehr als sechs Jahrhunderte Fachwerkbau in einer einigartigen Qualität und Quantität. Bauten aus allen Stil- und Zeitepochen machen Quedlinburg zu einem Musterbeispiel der Entwicklung des Fachwerkbaus.

Bereits 1994 hat die UNESCO die außerordentliche Bedeutung des Schlossbergensembles und der historischen Altstadt durch die Aufnahme in die Liste der geschützten Kulturdenkmale gewürdigt. Mit der Stiftskirche auf dem Schlossberg und den Resten des Marienklosters auf dem Münzenberg weist Quedlinburg nicht nur hochrangige Bauwerke an der Straße der Romantik auf, sondern auch authentische Schauplätze des politischen, geistlichen und kulturellen Geschehens aus der Zeit der ottonischen Kaiser vor mehr als 1000 Jahren.

Stiftshauptmann Meie garnierte seine Erläuterungen stets mit lustigen Anekdoten und wies mit Stolz darauf hin, dass mit der Königswahl des Sachsenherzogs Heinrich im Jahre 919 die Grundla-gen für das Entstehen des ersten deutschen Staates gelegt wurden. In seiner Lieblingspfalz auf dem Quedlinburger Schlossberg wurde er 936 begraben. Das im gleichen Jahr von seiner Witwe Mat-hilde gegründete reichsunmittelbare Frauenstift entwickelte sich zu einer hochrangigen politischen und kulturellen Metropole des Reiches. Als Ostpfalz der ottonischen Kaiser, als Ort bedeutender Hoftage und Synoden stand Quedlinburg für mehr als 100 Jahre im Mittelpunkt des Geschehens. Nicht zu Unrecht wird Quedlinburg als die „Wiege Deutschlands“ bezeichnet.

Der Rundgang endete in der Stiftskirche St. Servatius, die weithin sichtbar auf dem Schlossberg über der Stadt thront. Der romanische Kirchenbau ist durch einen imposanten, innen- und außen verlaufenden Relieffries gekennzeichnet. Der Hohe Chor wurde 1320 im gotischen Stil fertig ge-stellt. Der kürzlich zurückgekehrte Domschatz, der u. a. das Servatius- und Katharinenrequiliar zeigt, ist ein Meisterwerk der Romantik. Unter sachkundiger Führung konnte er von den Herschei-dern eingehend bewundert werden.

Vom Schlossberg aus erschließt sich ein weiträumiger Blick auf die Stadt mit ihren Kirchtürmen und schmucken Häusern. Hier zeigt sich, was in den vergangenen Jahren im Zuge der Wieder-vereinigung geleistet wurde, und dass die „blühenden Landschaften“ allgegenwärtig sind. Nach-hdem der Nachmittag zur freien Verfügung stand, gab es am Abend einen weiteren Höhepunkt, als die Herscheider Senioren mit dem Nachtwächter durch den Ort zogen, und einen weiteren Teil der Altstadt kennen lernten.

Der Mittwoch stand ganz im Zeichen eines eintätigen Aufenthaltes in der Messestadt Leipzig. Diese Stadt mit all ihren Sehenswürdigkeiten zu beschreiben, würde den Rahmen eines Berichtes sprengen. Die Eindrücke sind zu vielseitig und nur nachvollziehbar, wenn sie erlebt werden.

In der zweistündigen Rundfahrt mit dem Reisebus unter sachkundiger Führung wurde eine Stadt vorgestellt, die zu den einzigartigsten in Deutschland zählt. Sie vereinigt Tradition und Fortschritt, sächsische Gemütlichkeit, klassische Kultur und Innovation. Am Völkerschlachtdenkmal, das an das erfolgreiche Gefecht der unterdrückten Völker gegen Napoleon im Jahre 1813 erinnert, wurde ein kurzer Aufenthalt eingelegt.

Das lebendige Herz der Stadt ist jedoch das historische Zentrum, das von einem grünen Promena-denring umgeben ist. Der sich anschließende 90-minütige Rundgang unter sachkundiger Leitung führte zu fast allen Sehenswürdigkeiten. Beginnend in der Thomaskirche, in der Johann Sebastian Bach seine letzte Ruhestätte gefunden hat, ging der Weg weiter zum Alten Rathaus, eines der schönsten deutschen Renaissancegebäude, über die Alte Handelsbörse zur Mädlerpassage, der prachtvollsten Passage Leipzigs mit dem bekannten „Auerbachs Keller“. Markante Villen und Geschäftshäuser runden das Bild dieser Stadt ab und zahlreiche Restaurants und Cafes laden zum Verweilen ein.

Der Rundgang schloss mit einem Besuch der Nikolaikirche, die während der Wendezeit durch die Friedensgebete auf sich aufmerksam machte. Ausgehend von diesen Friedensgebeten demonstrier-ten 70.000 Menschen friedlich auf den Straßen der Stadt für Meinungs-, Versammlungs- und Rei-sefreiheit in der ehemaligen DDR. Immer mit dem Ziel, gewaltfrei und ohne Blutvergießen. Ob-wohl die Situation damals äußerst angespannt war und zu eskalieren drohte, zogen sich Armee und Polizei in ihren gepanzerten Fahrzeugen und Wasserwerfen zurück. Diese Montagsdemons-trationen gingen in die Geschichte als erste friedliche Revolution Deutschlands ein.

Das Gotteshaus selbst wurde 1165 gebaut und im 15. und 16. Jahrhundert zur dreischiffigen, spät-gotischen Hallenkirche erweitert. Der Innenraum wurde in den Jahren 1784 bis 1797 im klassizis-tischen Stil grundlegend verändert und erstrahlt heute nach der Renovierung in dezentem Glanz.

Natürlich darf bei einem Aufenthalt in Leipzig der Besuch des Hauptbahnhofes nicht fehlen. Der Betrachter ist beeindruckt von dem grandiosen Bauwerk mit seinen vielen Geschäften, Cafes und Restaurants. Die Herscheider ließen es sich nicht nehmen, während einer Kaffeepause das rege Treiben zu beobachten. 

Wer Quedlinburg erlebt und nach Wernigerode – entlang unzähliger Rapsfelder – fährt, findet hier an der Deutschen Fachwerkstraße die Fortsetzung mittelalterlicher Baukunst. Wenn auch unter an-derem Vorzeichen, so ist die „bunte Stadt“ ein wahres Kleinod geschichtsträchtiger Prägung. So erfuhren die Reiseteilnehmer am vorletzten Tag durch die organisierte Stadtführung, dass Werni-gerode seine Bausubstanz erhalten konnte, da der Ort vor Kriegsschäden größtenteils verschont wurde. Kaum ein Haus, das nicht liebevoll restauriert ist, abwechslungsreich und bunt die vielen Verzierungen und Figuren an den Häusern, und selbst in den belebten Geschäftsstraßen setzen sich die schmucken, individuell gestalteten Hausfassaden fort. Jedes Gebäude hat seine eigene Kultur und die Bewohner tun alles, die Tradition zu erhalten. Ein Beweis dieser erfreulichen Einstellung ist das „Cafe Wien“, das mit reichem Fassadenschmuck versehen ist und von den Herscheidern gern aufgesucht wurde.

Über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist das dominante Rathaus am Marktplatz mit seinen ge-schnitzten Figuren an den Geschoss- und Dachüberständen. Es gilt als eines der schönsten Rat-häuser Europas. Weitere Wahrzeichen der Stadt, die auffallen: Schloss Wernigerode, das kleinste Haus der Stadt, das schiefe und das Krummelsche Haus, die Alte Münze, der Kaiserturm, Sylvester-, Johannis- und Liebfrauenkirche und und und. Eine wahre Pracht, die immer wieder fas-ziniert.

Beendet wurde der Tag mit einem Besuch des Doms zu Halberstadt. Vergleichbar mit dem Kölner Dom – allerdings in kleinerer Ausführung – weist er eine Fülle von Schätzen auf, die von der Kunstfertigkeit ihrer Schöpfer zeugen. Die vielen Glasmalereien, die insbesondere durch die leuch-tenden Fenster zum Ausdruck kommen, Skulpturen, der Altar, die Kanzel und Orgel, jedes Detail veranlasst zu einer längeren Betrachtung und gibt Auskunft über das historische Selbstverständnis der Kirche und ihrer Vertreter.

Bevor es nach Herscheid zurück ging, wurde noch ein längerer Aufenthalt in Alsfeld/Hessen mit seinem mittelalterlichen Ortskern eingelegt. Ein schöner Abschluss, der das Gesamtbild der Reise, die auch diesmal wieder mit viel Sonnenschein begleitet war, abrundete.

 

Senioren Union Herscheid
 
Stein am Ortseingang Stein am Ortseingang