"Wenn wir die EU-Wasserrahmenrichtlinien (WRR) aus Brüssel
nehmen und noch eins draufsetzen, brauchen wir uns nicht wundern",
kritisierte Hartwig Sander (Leiter Wasserbeschaffungsverband), dass
das neue NRW Landeswassergesetz (LWG) noch über die EU-WRR
hinausgehen soll. An der Versetalsperre informierte Sander am Dienstag
Vertreter der CDU Herscheid und Lüdenscheid, darunter Bernd
Schulte (CDU MdL) und Bürgermeisterkandidat Lothar Schütz
über mögliche Auswirkungen der Neufassung des LWG auf
die Wasserwirtschaft der Region.
Komme das 116-Seiten-Gesetz zum Tragen, "werden
Gewässer und stehende Gewässer ganzheitlich behandelt".
Also Anpassungen beim Trink-, Ab- und Regen- und Hochwasser und
Deichschutz sowie Neuregelungen bei der Gewässerunterhaltung.
Und damit "höhere Kosten, höheren Aufwand, mehr
Überwachung und Bürokratie und kein Konnexitätsprinzip",
so Sander.
Bis 2015 sollen alle EU-Gewässer in einen einheitlichen Zustand
versetzt werden und neben dem biologischen und chemischen, auch
der"morphologische Zustand" eine Rolle spielen. Für
die Umsetzung zuständig sind die Länder. Obwohl die
BRD und NRW schon den weltweit höchsten Standard haben und
Trinkwasser das am meisten kontrollierte Lebensmittel sei, gehe
der Entwurf der Novelle von Umweltministerin Bärbel Höhn
weit über das Verhältnis 1:1 hinaus. Experten vermuten
bis 1:3. Bei einer morphiden Beurteilung würden eventuell
nur noch 15 Prozent der Gewässer "gut" beurteilt,
so Sander. Zahlen werden die Mehrkosten von rund 1,5 Milliarden
Euro Steuerzahler und Gemeinden - und auf die Wasserverbände
komme ein riesiges Arbeitsfeld zu.
Er habe das Gefühl, dass bei der Novelle
das Sauerland, wo das Wasser aus den Trinkwasser-Talsperren komme,
vergessen wurde. Im Märkischen Kreis (MK) werde das Trinkwasser
bereits vom Regierungspräsidenten in Arnsberg, Gesundheitsämtern
und dem Staatlichen Umweltamt in Hagen überwacht. Dabei sei
die letzte neue Trinkwasserrichtlinie vor etwa zwei Jahren "noch
gar nicht in den Köpfen", erinnerte Sander an das 2003
eingeführte "Wasserentnahmentgeld". Mit dem LWG
habe die ortsnahe Trinkwasserproduktion und Grundwasseraufbereitung
Vorrang. "Aber wir haben in Herscheid Oberflächenwasser
und Uferfiltrat". Es gebe im MK kein Grundwasseraufkommen,
das vernünftig aufbereitet werden könne. "Deshalb
muss hier Grund- mit Oberflächenwasser gleichgesetzt werden",
forderte Sander. Verstärktes Wassersparen sei sinnvoll, "aber
ob man aus der Versetalsperre fünf oder sechs Mio Kubikliter
entnimmt, ist egal". Beim Sparen gebe es Probleme bei der
Feuerlöschversorgung. Künftig soll es keinen Bestandsschutz
mehr für Entnahmerechte geben. Aber "wenn wir keinen
Kalkulationsschutz für 60 oder 70 Jahre haben, gibt es Probleme".
Vorrang vor jeder Wasserversorgung soll die
"ökologische Nutzung" etwa für Wasserkraft
haben. Bestandteil der Novelle sei zudem die erhöhte Informationspflicht
für die Öffentlichkeit, dabei müsse man schon jetzt
etwa 30 Parameter nachweisen um Trinkwasser verkaufen zu dürfen.
"Wir haben in Herscheid und im MK genügend Wasser in
guter Qualität". Da es beim LWG keine länderübergreifende
Abstimmung gebe, fordere er die Gleichstellung von Grund- und
Talsperrenwasser, keine Richtlinien über die EU WRR hinaus,
keine Doppelzuständigkeiten, weniger Verwaltung, mehr Eigenverantwortung.
Die Novelle bringe keine Verbesserungen für die Region.
Man müsse "den Status quo auf gehobenem
Niveau sichern, aber nicht mehr", stimmte Bernd Schulte zu.
Es gehe nicht an, dass in Deutschland die Umsetzung von 1:1 nicht
ausreiche, während andere Länder nur 30 Prozent des
deutschen Niveaus erreichen. "Was hat der Ruhrverband bei
künftiger morphider Betrachtung zu tun?", fragte Schulte.
Das sei derzeit schwer zu beurteilen, "aber vielleicht müssen
wir dann unser Wasserwerk schließen", entgegnete Sander.
Im Entwurf sei auch die Naherholung nicht berücksichtigt,
so Schulte. Aber im Moment gebe es noch ein "open end",
welches Schicksal die Novelle erleide.
WR-Fotos: Wiegelmann
Foto: "Wir wollen die EU-Rahmenrichtlinien 1:1 und nicht
noch mehr", forderte Hartwig Sander.
Foto: Über die Auswirkungen der neuen EU-Wasserentnahmerichtlinien
und eine NRW-Novelle informierten sich Vertreter der CDU Herscheid
und Lüdenscheid.