Laudatio aus Anlass der Verleihung des
Bürger-Ehrenpreises 2004 der CDU Herscheid an Herrn Eugen
Naber während des Neujahrsempfangs am Sonntag, dem 16. Januar
2005, in der Schützenhalle Herscheid.
Meine
sehr verehrten Damen und Herren, lieber Herr Naber,
die Bürger-Ehrenpreis-Verleihung der
CDU Herscheid, die seit 18 Jahren aus Anlass der jeweiligen Neujahrsempfänge
erfolgt, bildet nicht nur den Höhepunkt dieser Veranstaltungsreihe
sondern sie ist zugleich ein sichtbares Zeugnis unseres regen
örtlichen Gemeinschaftslebens. Und wenn wir uns die auf dem
Einladungsschreiben zusammengestellten Vereine, Institutionen
und Einzelpersonen anschauen, die bisher ausgezeichnet wurden,
dann wird die gesamte Vielfalt dieser ehrenamtlichen Tätigkeit
offenkundig.
Ausdruck all dieser öffentlichen Würdigungen
ist es, das uneigennützige Engagement für das Gemeinwohl
herauszustellen und als ein exemplarisches Beispiel für den
"Dienst am Menschen" zur Nachahmung zu empfehlen. Erst
die Summe aller gemeinschaftsfördernden Aktivitäten
führt dazu, dass Mitmenschlichkeit, Verantwortungsbewusstsein
und Gemeinsinn nicht auf der Strecke bleiben sondern chancenreich
umgesetzt werden können.
Jedes Land, jeder Ort und jede wie auch immer
geartete Gemeinschaft lebt von dieser unverzichtbaren Aufgabenstellung.
Ob dies auf dem religiösen, sozialen, kulturellen, sportlichen
oder gesellschaftlichen Sektor geschieht, stets ist die ganz
persönliche Einbringung von entscheidender Bedeutung. Gerade
in unserer heutigen abstrakten und mitunter egoistischen Welt,
in der jahrzehntelange gültige Wertvorstellungen außer
Kraft gesetzt werden, wird es immer schwieriger, ein dauerhaftes
und für alle spürbares Miteinander zu gewährleisten.
Das einst christlich-abendländisch geprägte
Menschenbild verliert zunehmend an Bedeutung und wird von Vielen
weitgehend verdrängt. Wenn beispielsweise die Christuskirchen-Gemeinde
in Lüdenscheid und das Bistum Essen über 30 % ihrer
Anhänger verloren haben und in NRW von 90.000 geschlossenen
Ehen nur noch 30.000 auch kirchlich vollzogen werden, dann signalisieren
allein schon diese wenigen Beispiele den fortschreitenden Säkularisierungsprozess.
Und wenn beklagt wird, dass immer mehr Kirchen
geschlossen, anderen Nutzungen zugeführt oder gar abgebrochen
werden, dafür aber immer mehr Moscheen in unserm Land entstehen,
dann erinnere ich an ein Wort, das der Präses der Evangelischen
Kirche von Westfalen, Alfred Buss, vor Weihnachten 2004 gesagt
hat: "Ich entdecke gerade im Gespräch mit Muslimen oft,
dass sie erschüttert sind, wie gottlos unsere Gesellschaft
ist, wie wenig Religion eine Rolle spielt. Sie beklagen ja meist
nicht, wie christlich wir sind, sondern wie wenig das zu spüren
ist". Dem ist nichts hinzuzufügen.
Nun werden Sie sich fragen, meine Damen und
Herren, warum ich am heutigen Neujahrsempfang im Zusammenhang
mit der Bürger-Ehrenpreis-Verleihung an Herrn Eugen Naber
diese Bemerkungen meiner Laudatio voransetze. Ich sage dies deshalb,
weil der zu Ehrende zu je-nen Menschen gehört, dessen Lebenseinstellung
von tiefer Religiosität geprägt ist, dem Treue, Pflichterfüllung
und Hilfsbereitschaft keine Worthülsen sind, und der bei
allen Höhen und Tiefen in seinem Leben auf Gottes Geleit
vertraut und sich damit wohltuend von der allgemeinen Verflachung
vieler Lebensbereiche abhebt.
In einem Gespräch, anlässlich meines
Besuches vor Weihnachten bei der Übergabe von Weihnachtssternen,
die die Gemeinde Herscheid alljährlich den älteren Mitbürgern
durch die jeweiligen Ratsmitglieder zukommen lässt, sagte
mir Herr Naber wörtlich: "GOTT hat mir in meinem Leben
so viel Gutes gegeben, davon möchte ich einen Teil an andere
Menschen weitergeben".
Das sagt ein Mann, der in seinen 85 Lebensjahren
wahrlich nicht nur glückliche Tage erlebt hat: Jahrgang 1919,
das Ende des Ersten Weltkrieges stand bevor, die Jahre danach,
die von diesem Ereignis geprägt und nicht leicht zu bewältigen
waren, gefolgt von der menschenverachtenden Nazi-Diktatur und
dem Zweiten Weltkrieg mit seiner schrecklichen Folgewirkung.
Für ihn selbst bedeutete der Zweite Weltkrieg 5 ½
Jahre russische Gefangenschaft in mehreren Lagern, in denen er
Zwangsarbeit leisten musste. Diese Höllenqualen kann nur
derjenige ermessen, der sie durchlitten hat, ein Ort der menschlichen
Erniedrigung, der die Hoffnung, wieder in die Heimat zurückkehren
zu dürfen, fast zunichte macht.
Eugen Naber galt seit 1944 als vermisst. Da
er am 12. Juli zuletzt gesehen wurde, musste man von seinem Tod
ausgehen, was seiner Familie auch mitgeteilt wurde. Doch seine
Mutter glaubte fest an seine Wiederkehr. Sie ließ sich nicht
beirren. Zuversicht gab ihr vor allem ein warmherziger Brief eines
Pfarrers und Kameraden, der ihr am 25. Dezember 1944 schrieb.
Drei Jahre dauerte es, bis Eugen Naber seiner Familie ein Lebenszeichen
übermitteln konnte.
Später erlangte er neue Hoffnung durch
die Nachrichten seiner Familie und seines Arbeitgebers und Turnkameraden
Hermann Alberts, der ihm ankündigte, seine Arbeitsstelle
frei zu halten, die er seit 1933 inne hatte. Wie versprochen,
stellte Hermann Alberts den Zurückgekehrten wieder ein,
wobei sich die enge persönliche Freundschaft zwischen den
beiden weiter festigte.
54 Jahre blieb Eugen Naber in der Firma Gustav
Alberts. Als Angestellter war er in leitender Position in der
Arbeitsvorbereitung tätig. Doch darüber hinaus gestaltete
sich das persönliche Vertrauensverhältnis zu seinem
Chef in jeder Hinsicht äußerst harmonisch, das weit
über die beruflichen Kontakte hinausging. Auch nach seinem
Ausscheiden aus der Firma wurde die Freundschaft gepflegt. Familie
- Beruf - Firma Alberts, das war für Eugen Naber eine Einheit,
und so wundert es nicht, dass nach dem Ableben des Firmeninhabers
sein Sohn und Nachfolger, Dietrich Alberts, die familiäre
Tradition bewahrt und den engen Kontakt aufrecht erhält.
Eine Unternehmenskultur, die heute immer seltener anzutreffen
ist.
Mit der Schilderung dieses gestrafften - und
auf wenige Bereiche beschränkten - Lebenslaufes des Bürger-Ehrenpreis-Trägers
werden jene Persönlichkeitsmerkmale transparent, die bis
heute seinen Lebensrhythmus bestimmen. Als bodenständiger
Herscheider, dessen Familien-wurzeln bis 1761 zurückreichen,
war und ist er für seine Umwelt ein stets korrekter, hilfsbereiter
und freundlicher Zeitgenosse. Diese guten Eigenschaften waren
nicht nur innerhalb seines beruflichen und persönlichen Wirkungskreises
gängige Praxis, sondern sie setzten sich auch weiter fort,
als er sein Eigentum am Spielberg aufgab und ins "Haus Ebbeblick"
zog.
In seine schmucke Wohnung mit herrlicher Aussicht
auf seine Heimatgemeinde hat er sich allerdings nicht ruhelos
zurückgezogen. Gemäß seinem Naturell und seiner
christlichen Überzeugung, dem Nächsten hilfreich zur
Seite zu stehen, gilt Eugen Naber als die gute Seele des Hauses.
Für die älteren Menschen, die hier leben und zum Teil
keine nahen Verwandten haben, ist es beruhigend zu wissen, dass
jemand da ist, der sich kümmert. Und so ist es für Eugen
Naber eine Selbstverständlichkeit - und das bereits seit
mehreren Jahren - die mannigfachen kleinen und großen Anliegen
der Bewohner zu regeln.
Der Aufgabenkatalog ist vielfältig: Liebevolle
Betreuung bei den täglichen Handreichungen, Hilfe bei körperlichen
Behinderungen, Erledigung von Behördengängen und sonstigen
Angelegenheiten, Einkaufsfahrten, Fahrten zu Ärzten und
zur Fußpflege oder sei es auch "nur" das Zuhören,
Plaudern oder Spazieren gehen mit den Hausbewohnern. Und da gerade
bei äl-teren Menschen sehr häufig spontane Hilfe angesagt
ist, ist Eugen Naber sofort zur Stelle. Nichts ist ihm zuviel,
wenn seine Unterstützung gewünscht wird.
Um es mit einem Satz zu sagen: Wenn das Wort
"aktive Hilfsbereitschaft" zu personifizieren ist, dann
ist es in Herscheid mit dem Namen Eugen Naber verbunden. Vielen
ist er ein Begriff. Sein "flotter Gang" durchs Dorf
lässt noch heute auf seine aktive Vergangenheit beim Turnverein
Grünenthal schließen. Seine jahrzehntelange Mitgliedschaft
im Heimkehrerverband wurde 1999 durch die Verleihung der Friedland-Gedächtnismünze
honoriert und der Soldatenkameradschaft Herscheid sowie dem Schützenverein
weiß er sich aufs Engste verbunden. Darüber hinaus
bedeutet ihm seine Heimat viel, ist sie doch ein wichtiger Faktor
für ein erfülltes Leben.
Sein gesunder Geist ist ein weiteres Indiz
für seinen unermüdlichen Einsatz. Doch über allem
lässt er sich von dem Christuswort leiten: "Was ihr
getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern,
das habt ihr mir getan". So wundert es nicht, dass Eugen
Naber an jedem Sonntag in der Apostelkirche anzutreffen ist um
GOTT zu loben und zu danken und sich unter seine Botschaft zu
stellen. Dass ihm dabei sein langjähriger Freund Paul Schulte
- sofern er in Herscheid ist - mit seinen 92 Jahren begleitet,
vervollständigt das Gesamtbild. Auch hier leistet er aktive
Hilfe, wenn gehbehinderte Menschen am Altar Leib und Blut Christi
in Empfang nehmen.
All dieses segensreiche Wirken veranlasst
die Christlich Demokratische Union Herscheid Ihnen, Herr Naber,
den Bürger-Ehrenpreis 2004 zu verleihen. Wir tun dies in
der Gewissheit und aus voller Überzeugung, am heutigen Vormittag
einen würdigen Preisträger auszeichnen zu dürfen,
dem wir zu Dank verpflichtet sind. Wenngleich Ihr Dienst im Stillen
und ohne Aufhebens geschieht, und das in Ihrem hohen Alter, so
ist es uns gerade deshalb wichtig, Ihren nachahmenswerten Einsatz
öffentlich zu machen und vorbehaltlos anzuerkennen. Diese
Anerkennung wird von den Bewohnern des Hauses Ebbeblick ausdrücklich
bestätigt, die Ihnen am 16. Juli 2003 durch ein eindrucksvolles
Gedicht Ihrer Nachbarin Frau Erna Sönnicken übermittelt
wurde.
Mögen Sie noch viele Jahre bei
guter Gesundheit unter dem Segen Gottes stehen und Ihr reiches
Betätigungsfeld zum Wohle der Mitmenschlichkeit fortsetzen.