Senioren Union

 

 


Senioren Union Herscheid in Marburg
Ein herrlicher Tag in der Universitätsstadt an der Lahn
06.07.2006

Da haben die Reiseteilnehmer der Senioren Union Herscheid nach Marburg mächtig Glück gehabt. Wurde noch zwei Tage vor Fahrtbeginn eine Unwetterwarnung mit Blitz und Donner und starkem Regen prognostiziert, die Überlegungen erforderlich machten, eine Terminverschiebung vorzusehen. Doch schließlich setzte man alles auf eine Karte, und das war gut so. Bei hochsommerlichen Temperaturen - zwar einige Grade niedriger und damit angenehmer als tags zuvor - jedoch ohne einen Tropfen Regen und mit viel Sonnenschein am Nachmittag erlebten die Senioren einen herrlichen Tag in der Universitätsstadt an der Lahn.

Begonnen hatte der Marburg-Ausflug mit einem Besuch der Elisabethkirche, die an die französischen Kathedralen im Stil der gotischen Hallenkirche erinnert. In der einstündigen sachkundigen Führung erfuhren die Anwesenden viel Wissenswertes über den markanten Sakralbau, der in den Jahren 1235 bis 1283 über dem Grab der Heiligen Elisabeth erbaut wurde. Bis zur Reformation war das Gotteshaus eine der bedeutendsten Wallfahrtsstätten des Abendlandes.

Das Kircheninnere hält aus kultur- und kunsthistorischer Sicht eine Vielzahl von jahrhundertealten Exponaten bereit. Alles beeindruckende Meisterwerke, die in ihrer Ausdruckskraft das eine Ziel haben, die Allmacht Gottes und die erlösende Botschaft des Evangeliums sichtbar zu machen. Ein Juwel, das in seiner klar gegliederten Gesamtheit kein wissenschaftlicher "Ausstellungskatalog" ist sondern ein religiöser Wegweiser, geprägt von der seinerzeitigen menschlichen Lebenserfahrung.

Es ist unmöglich, alles Gesehene an dieser Stelle zu beschreiben, daher zusammenfassend das Wesentlichste: Auffallend die räumliche Trennung in zwei Teile. So blickt man zunächst auf den Kreuzalter mit Barlach-Kruzifix. Er war für den Gottesdienst der Gemeinde bestimmt, während der Hochaltar, getrennt durch eine steinerne Chorschranke - dem sog. Lettner - von der Geistlichkeit genutzt wurde, sozusagen als ein besonderer Ort der Stille und der Anbetung. Dem Eintretenden wird somit zunächst nur ein Teilaspekt des Mittelschiffs gegenwärtig, lässt aber den dahinter liegenden Raum durchaus erahnen. Da im 16. Jahrhundert die einstmals katholischen Ordensbrüder fast alle zum Protestantismus konvertierten, und seitdem in der Elisabethkirche evangelischer Gottesdienst gefeiert wird, wurden diese Unterschiede aufgehoben.

Hinter dem Hochaltar aus bemaltem Sandstein mit seinen drei Nischen, Türmchen und Figuren erheben sich die ornamentalen Fenster aus dem 13. und 14. Jahrhundert. Allein die intensive Betrachtung aller Kirchenfenster mit Szenen aus dem Neuen Testament und aus dem Leben der Heiligen Elisabeth würde Stunden in Anspruch nehmen. Die bildlichen Darstellungen, die farbliche Komposition und die Strahlkraft der Fenster legen Zeugnis davon ab, mit welch "verschwenderischer" Gestaltungskunst die Erbauer ihren Auftrag erfüllten. So wundert es nicht, dass die Herscheider Besuchergruppe sehr interessiert und aufmerksam den Worten der Kirchenführerin folgte und das Gesehene verarbeitete.

Ob es der Elisabethchor, der Landgrafenchor oder der Hohe Chor ist, jeder Bereich für sich weist eine Fülle von Altären, Bildern und Figuren auf. Einen besonderen Anziehungspunkt bildet in der Sakristei der gotische Elisabethschrein, eine Lade aus Eichenholz, die überzogen ist mit feuervergoldeter und zum Teil auch gegossener Kupfer- und Silberarbeit. Der golden glänzende Schrein ist der wichtigste Schatz der Kirche und geschmückt mit Reliefs und Figuren, mit Stanz-, Filigran- und Emailplatten, Edelsteinen sowie Perlen. Ringsum in getriebener Arbeit die zwölf Apostel, in der Mitte Christus als Gekreuzigter und auf dem Thron seiner Herrlichkeit, dazu an den Stirnseiten die Muttergottes. Weitere biblische Darstellungen folgen, ebenso die Heilige Elisabeth. Der Schrein ist heute leer, nachdem schon in den Jahrhunderten vor der Reformation immer wieder Elisabethreliquien an verschiedene Empfänger verschenkt wurden.

Aus dem Leben der Heiligen Elisabeth erfuhren die Herscheider, dass ihr geistliches Vorbild der Heilige Franz von Assissi war. Als Landgräfin Elisabeth von Thüringen wählte sie 1228 Marburg als ihren Witwensitz. Sie nahm sich in besonderer Weise der Hungernden, Armen und Kranken an, errichtete ein Spital und verzehrte ihr Leben in der dienenden Liebe zu Christus und seinen geringen Brüdern. Obwohl sie bereits mit 24 Jahren starb, gilt sie bis heute als die bedeutendste Persönlichkeit, die je in Marburg wirkte. Über sie werden viele Legenden erzählt. 1235 wurde sie heilig gesprochen und der Deutsche Orden begann im gleichen Jahr über ihrem Grab die Elisabethkirche zu erbauen.

In der Elisabethkirche ruhen unter dem Nordturm seit August 1946 die Gebeine des Reichspräsidenten und Generalfeldmarschalls Paul von Hindenburg und seiner Gemahlin. Neben und hinter den Gräbern befinden sich Wappentafeln von Rittern mit der Jahreszahl ihres Eintritts in den Deutschen Orden.

Nach der Kirchenführung mit anschließendem Mittagessen im Restaurant "Alter Ritter" trafen sich die Senioren in der Altstadt, um sich in zwei Gruppen - ebenfalls unter sachkundiger Führung - über die Stadtgeschichte unterrichten zu lassen und den historischen Ort zu besichtigen.

Bereits nach wenigen Minuten bestätigte sich die Marburgbeschreibung des Germanisten und Herausgebers der "Kinder- und Hausmärchen", Jacob Grimm: "Ich glaube, es sind mehr Treppen auf der Straße als in den Häusern". In der Tat: Krumm, buckelig, verwinkelt und steil, so ist die Marburger Oberstadt, in der das Mittelalter noch spürbar ist. Wenn Venedig für seine tausend Brücken bekannt ist, dann ist es Marburg für seine Treppen. Eine Mitfahrerin stellte dazu treffend fest.: "Da leben wir in Herscheid ja geradezu im Flachland".

Doch niemand ließ bei dem ständigen auf und ab Ermüdungserscheinungen aufkommen, trug die ortskundige Führung doch dazu bei, die Historie der Stadt lebhaft und interessant zu erzählen. So fanden die Besucher einen Ort vor, der sich wie ein mittelalterliches Märchen präsentiert. Nicht ohne Grund liegt Marburg an der Deutschen Märchenstraße.

Das Ortsbild ist durch die Jahrhunderte nahezu unverändert geblieben. Die herausgeputzte Fachwerk-Häuserkulisse mit teilweise künstlerischer Fassadengestaltung, der sich weit öffnende Marktplatz mit seinem Brunnen und den einladenden Restaurants und Cafes in Richtung des 1527 erbauten Rathauses bilden ein Ensemble, das anschaulicher nicht sein kann und eine wohltuende Atmosphäre ausstrahlt. Hier pulsiert das Leben dieser geschichtsträchtigen Stadt, in der Historie und Moderne unverkennbar sind. Auf Schritt und Tritt erlebten die Sauerländer einen Ort, der aus der Tradition lebt und sich gleichzeitig den Anforderungen einer weltoffenen Universitätsstadt stellt.

Majestätisch erhebt sich das Marburger Schloss über der Stadt, das von vielen Stellen aus sichtbar ist und für die Fotofreunde immer neue Perspektiven bereithält. 1527 gründete Philipp der Großmütige die erste evangelische Universität. Er rief Luther und Zwingli ins Marburger Schloss, um die Reformatoren zu einen. So sind die Spuren der Geschichte allgegenwärtig.

       

Wer ein Auge für die städtebauliche Architektur und Kultur hat, kommt in Marburg auf seine Kosten. Dabei ist es ratsam, nicht nur die Gesamtheit der schmucken Bürgerhäuser in den engen Straßen und Gassen wahrzunehmen. Vielmehr lohnt es sich, jedes einzelne Bauwerk in seiner individuellen Prägung zu betrachten. So auch im Bereich der altehrwürdigen Universität, die ein weiterer Anziehungspunkt im Besuchsprogramm war. 1529 war die Universität Schauplatz der "Marburger Religionsgespräche" zwischen Martin Luther, Ulrich Zwingli und Philipp Melanchthon.

Nach Abschluss der Führung hatten die Senioren genügend Zeit, um die Oberstadt "auf eigene Faust" zu erkunden, aber auch, um es sich u. a. beim Kaffeetrinken im bekannten Cafe Vetter mit herrlicher Aussicht gemütlich zu machen.

Bevor es wieder nach Hause ging, wurde in Winterberg Station gemacht. Obwohl der Ort im Hochsauerland hauptsächlich in den Wintermonaten von Touristen besucht wird, bietet er auch den Sommerurlaubern ein reichhaltiges Angebot. Und wer länger nicht hier war stellt erfreut fest, dass mit viel Geschick die Gestaltungsmöglichkeiten genutzt wurden.


Wolfgang Weyland (Vorsitzender der Senioren Union)

 

Senioren Union Herscheid
 
Stein am Ortseingang Stein am Ortseingang