Neujahrsempfang

 

 


Laudatio zur Verleihung der Bürgerehrenpreises durch Wolfgang Weyland
29.01.2006

Sehr geehrter Herr Ebert,
liebe Bürger-Ehrenpreisträger,
meine Damen und Herren,

in seiner Weihnachtsansprache 2005 sowie in seiner 1. Enzyklika, die am vergangenen Mittwoch veröffentlicht wurde, hat Papst Benedikt XVI. die Völker der Welt zu einer "neuen Ordnung des Friedens und der Gerechtigkeit" aufgerufen. "Die christliche Botschaft der Nächstenliebe", so das kirchliche Oberhaupt, "könne den Menschen die Kraft geben, sich für eine Gemeinschaft einzusetzen, die auf einer gerechten, ethischen und wirtschaftlichen Basis gegründet ist".

Damit stellte der Papst die unantastbare Würde des Menschen in den Mittelpunkt. Und wenn ich seine Worte richtig interpretiere, ist jede Form der Menschenverachtung und Rücksichts-losigkeit, der Habgier und des egoistischen Denkens ein Angriff auf Gottes Schöpfung.

Solidarität, Gottes- und Nächstenliebe sowie Treue sind Lebensformen, die in der Tat einen neuen Anschub brauchen. Wenn wir als Christen das Wort des HERRN ernst nehmen, der seinen Jüngern sagte: "Ich bin nicht in die Welt gekommen, um mich dienen zu lassen, sondern zu dienen, und wer unter euch der Größte sein will, der sei euer Diener", dann können uns unsere Mitmenschen nicht gleichgültig sein.

Dienen, meine Damen und Herren, ist heutzutage bei Vielen zu einem Fremdwort geworden; geht es doch mehr um das "Verdienen" und im Extremfall zu Lasten des Anderen. Man ist wohl tätig, aber kaum wohltätig. Diese Lebensart führt dazu, dass soziale und kirchliche Einrichtungen ihre Aufgaben kaum, oder nur unzureichend wahrnehmen können.

Ist es nicht geradezu erschreckend, dass der Grundwasserspiegel des christlichen Glaubens in Deutschland so tief liegt, dass Kirchen geschlossen, anderen Nutzungen zugeführt oder gar abgebrochen werden? Bereits im vergangen Jahr habe ich an gleicher Stelle auf diesen Missstand hingewiesen. Doch die Lage ist inzwischen noch dramatischer geworden.

Müsste nicht ein Aufschrei durch unser Land gehen, wenn derartige Maßnahmen notwendig sind? Oder ist unsere christlich-abendländische Kultur bereits so weit auseinander gefallen, dass uns das alles gleichgültig lässt? Hier müssen wir uns wieder neu positionieren und zu jenen Fundamenten zurück kehren, die durch die christliche Glaubenüberzeugung den Menschen ein sinnvolles Leben geben.

In einem Presseartikel hieß es unlängst, ich zitiere: "Nach den Durchführungsrichtlinien der Pflegeversicherung dürfte es gar keine Pflege geben. Zu wenig Zeit und Geld ist für den einzelnen Menschen darin vorgesehen. Dass es sie dennoch gibt, ist jenen zu verdanken, die mehr tun und leisten als Tarifrecht und Krankenkassen vorgeschrieben haben. Es ist gut zu wissen, dass es Menschen gibt, die sich um Menschen kümmern. So etwas findet sich nicht in Sanierungskonzepten, Gutachten und Bilanzen. Eine Gesellschaft, die allein wirtschaftlichen Gesetzen folgt, wird menschlich, aber auch ökonomisch scheitern". (Ende des Zitats.)

So ist bei allem unzureichenden und mitunter nachlassenden persönlichen Engagement in Staat und Gesellschaft dennoch ein "Potenzial an Mitmenschlichkeit" vorhanden, das wie ein Fels in der Brandung herausragt und sich den erforderlichen Aufgaben nicht verschließt.

Frau Ohoven, die heute leider nicht anwesend sein kann, liefert dazu den Beweis, indem sie sich als eine Persönlichkeit der Zeitgeschichte den humanitären Angelegenheiten stellt und sich den Zielen nach mehr Menschlichkeit und praktischer Hilfe verpflichtet weiß. Dafür gebührt ihr Dank und Anerkennung! Ihre Ausführungen zum Thema: "Miteinander - Füreinander", die Sie, Herr Ebert, heute hier vorgetragen haben, passen in diesen Rahmen und schließen sich nahtlos an die nun zu vollziehende Verleihung des Bürger-Ehrenpreises 2005 an.

Die lange Liste der bisherigen Preisträger lässt den Schluss zu, dass auch in unserer Gemeinde aktiver Bürgersinn und solidarische Einssatzfreude nicht erlahmt sind. Die diesjährige Preisverleihung an die "Ehrenamtlichen des Seniorenzentrums" würdigt eine Einrichtung, die ein Segen für das Haus und dessen Bewohner ist. Wenngleich sie nicht zum "beruflichen Stammpersonal" des Trägers gehören, so sind sie in ihrer begleitenden und freiwilligen Funktion eine wichtige Ergänzung, die unentbehrlich geworden ist.

Die ehrenamtlich Tätigen, die ihren Dienst mit großem Engagement versehen, treffen auf Menschen unterschiedlichster Herkunft und Krankheiten, aber in dem Bedürfnis nach Geborgenheit und Kontakten. Sich den Menschen anzunehmen, sie so zu akzeptieren wie sie sind und ihnen ein Stück Lebensqualität zu ermöglichen, ist ein Aufgabenbereich, der in seiner Wirkung nur derjenige einschätzen kann, der diesen Umgang wahrnimmt und erfährt.

Entgegen der weit verbreiteten Einstellung, dass das Leben eine große Spaßgesellschaft zu sein hat, in der nur Glück, Vergnügen, ewige Jugend sowie das Gesunde und Vollkommene zählen, und dass diejenigen, die nicht mithalten können, alt und gebrechlich sind, weg müssen, werden im Altenheim Leid, Behinderung und Schwäche nicht ausgegrenzt.

Machen wir uns nichts vor: jeder noch so zügellose Powermensch kann schneller als erwartet in eine Situation kommen, in der er froh ist, die Hilfe Anderer zu erfahren.

Sicherlich ist es nicht leicht zu verkraften, sich nach einem Leben voller Tatkraft, Verantwortung und Selbstbestimmung plötzlich gebrechlich und unter Umständen allein an einem fremden Ort wiederzufinden. Das löst vielfach Unsicherheit, Traurigkeit und Einsamkeit aus.

Doch das Pflegepersonal ist bestrebt, den Übergang und den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten, obwohl Grenzen gesetzt sind. Hier beginnt die Begleitung der Ehrenamtlichen. Die persönliche Zuwendung, die Hilfe von Mensch zu Mensch - auch wenn sie Laienhilfe ist - und die Fähigkeit zum Zuhörenkönnen sind Eckpfeiler dieses Personenkreises.

So wie ich die Frauen und Männer kenne, geschieht ihr Dienst vor dem Hintergrund ihrer christlich-sozialen Verantwortung; kommen sie doch aus den verschiedensten kirchlichen Kreisen und sind damit fest verwurzelt in einer starken Glaubensgemeinschaft. Die regelmäßigen Bibelrunden, die einen starken Zulauf haben, geben den Teilnehmern Halt und sind für sie wie ein sicherer Anker.

Treffender als die Aussage einer Mitarbeiterin kann das Wirken im Seniorenzentrum nicht bezeichnet werden: "Die Arbeit mit älteren Menschen ist nicht immer einfach. Aber wenn sie einmal ihr Vertrauen gewonnen haben, dann sind die Begegnungen von beiden Seiten voller Herzlichkeit".

Das Gespräch mit den ihnen anvertrauten Menschen gehört sicherlich zu den wichtigsten Diensten, die die Ehrenamtlichen anzubieten haben. Sich die Zeit zu nehmen, zuzuhören und ihnen die Möglichkeit zu geben, alles anzusprechen, was sie belastet oder erfreut, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Aber auch ganz praktische Angelegenheiten, wie zum Beispiel Vorlesen, Besorgungen erledigen, Begleitung der Bewohner zu den Gottesdiensten oder zu Veranstaltungen innerhalb und außerhalb des Hauses sowie gemeinsames Singen und Spielen stehen auf dem Programm. Es sind halt die "kleinen Dinge des täglichen Lebens", die für uns selbstverständlich sind und kaum wahrgenommen werden, aber für die älteren Menschen, die sich selbst nicht mehr aus eigener Kraft helfen können, außerordentlich wichtig sind.

Dass mit dieser Hilfeleistung für andere Menschen auch eine persönliche Bereicherung an Lebenserfahrung verbunden ist, die sich zudem positiv auf den eigenen Lebensstil auswirkt, rundet das Bild ab und lässt den Schluss zu, dass die geschenkte Nächstenliebe auch zu einem nachhaltigen Beschenktwerden führt.

Besser, als es der Leitspruch der Evangelischen Frauenhilfe von Westfalen ausdrückt, kann man den Einssatz der heute zu Ehrenden nicht bezeichnen:

"Das will ich mir schreiben in Herz und in Sinn, dass ich nicht für mich nur auf Erden bin, dass ich die Liebe, von der ich lebe, liebend an andere weitergebe."

Im Miteinander auch das Füreinander zu stärken und den älteren Menschen das Gefühl zu geben, dass sie nicht alleine gelassen werden, was auch die Sterbebegleitung einschließt, zeugt von einem guten Geist des Herscheider Seniorenzentrums.

Heimleitung, Pflegepersonal, Ehrenamtliche und nicht zu vergessen der Förderkreis für das Seniorenzentrum Herscheid, die eine konstante Einheit bilden, leisten über gesetzliche Standards hinaus einen Dienst, der uns alle zu großer Dankbarkeit verpflichtet.

Ich bin mir sicher, dass diese segensreiche Arbeit auch in Zukunft Bestand haben wird, weil das stabile Fundament hält und trägt. Bei allen Problemen und einer nicht immer leichten Aufgabenstellung sind Stehvermögen, Kraft und Zuversicht gefordert. Trotz unvermeidbarer Rückschläge gibt es immer wieder einen neuen Anfang. Oder wie es Jörg Zink formuliert hat: "Die Mitte der Nacht ist der Anfang eines neuen Tages".

Die Christlich Demokratische Union Herscheid verleiht am heutigen Tag aus voller Überzeugung den Bürger-Ehrenpreis 2005 an die "Ehrenamtlichen des Seniorenzentrums Herscheid". Wir verbinden damit unseren herzlichen Dank und wünschen weiterhin Einatzfreude und Gottes Segen.

 

Senioren Union Herscheid
 
Stein am Ortseingang Stein am Ortseingang