Bürgerehrenpreis

 

 

Verleihung des CDU-Bürger-Ehrenpreises 2006 an den Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Herscheid - Laudatio von Wolfgang Weyland, Vorsitzender der Senioren Union und 1. Stellv. Bürgermeister der Gemeinde Herscheid
14.01.2007

Sehr geehrter Herr Minister Wittke,
meine Damen und Herren,
liebe Mitglieder des Musikzuges der Freiwilligen Feuerwehr Herscheid,

wenn mir am heutigen Vormittag - anlässlich des CDU-Neujahrsempfangs - Gelegenheit gegeben wird, die Laudatio für den Bürger-Ehrenpreisträger 2006 zu halten, so erfüllt mich das mit großer Freude. Zum einen, weil der Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Herscheid in seiner über 106-jährigen Geschichte einen wahrhaft aktiven Beitrag zur kulturellen und gesellschaftlichen Vielfalt unseres örtlichen Gemeinwesens leistet und damit die Auszeichnung mehr als verdient hat, und zum anderen, weil ich im Rahmen meiner kommunalpolitischen Laufbahn den Musikzug bei den verschiedensten Anlässen begleiten durfte.

Die bemerkenswerte Entwicklung der Kapelle, die über Jahrzehnte stabil gebliebene Bodenständigkeit, Treue und Kameradschaft sowie die Freude am Musizieren sind unübersehbare Merkmale, die ihren Handlungsspielraum prägen und bis heute sichtbare Spuren hinterlassen haben. Als "musikalische Botschafter Herscheids" hat sich der Musikzug über die Gemeindegrenzen hinaus einen Namen gemacht und unsere "weißroten Farben" würdig vertreten.

War es einst möglich, in größerem Umfang aktive Kräfte für gemeinnützige Aufgaben freizusetzen und damit die Existenz vieler Einrichtungen zu sichern, so schwinden in unserer globalisierten und von der Technik beherrschten Welt diese Potenziale mehr und mehr. Jeder Verein, jede Organisation und jede noch so gut geführte Institution muss das bitter zur Kenntnis nehmen. Denn da, wo nur global gedacht und gehandelt wird, verliert der heimische Lebensraum an Bedeutung. Dabei spielt gerade er im menschlichen Zusammenleben eine wichtige und entscheidende Rolle.

Bei allem Verständnis der weltweiten Möglichkeiten und Chancen besitzt die Heimat einen unschätzbaren Stellenwert, die das Zusammengehörigkeitsgefühl fördert und ein erträgliches, lebenswertes Klima schafft. Eine alte Weisheit drückt das so aus: "Lasst euch die Fremde zur Heimat, aber niemals die Heimat zur Fremde werden".

Dieses bereichernde Heimatverständnis hat den heute zu ehrenden Musikzug in seiner langen Geschichte vor Fehlentwicklungen bewahrt und ihm das Stehvermögen gegeben, das durch alle Generationen trägt. Die gesunde Mischung, am bewährten Alten festzuhalten und sich dem guten Neuen zu öffnen, garantiert, dass auch zukünftig die Blaskapelle zur Freude der Menschen ihre Daseinsberechtigung haben wird.

Um den Wirkungskreis des Musikzuges richtig einschätzen und würdigen zu können, ist ein Rückblick auf die vergangenen 106 Jahre angebracht. Bitte gestatten Sie mir daher, die wesentlichsten Schwerpunkte aufzuzeigen.

Bei Beachtung des gesamten Zeitraumes - von 1900 bis heute - fällt auf, dass es sich um eine äußerst bewegte Zeitspanne handelt. Immerhin haben zwei Weltkriege getobt, die überall ihre Spuren hinterlassen haben und auch an den Musikzug nicht vorüber gegangen sind. Doch der Reihe nach.

Bereits einige Jahre vor dem offiziellen Gründungsdatum existierte ein Tambour- und Pfeifenkoprs, das bis Anfang 1900 musizierte. Am 25. Februar 1900 wurde der endgültige Beschluss gefasst, eine Blaskapelle ins Leben zu rufen. Die Gründung erfolgte zu einer Zeit, in der in Deutschland Begriffe wie: Vaterlandsliebe, Disziplin, Treue, Pflichtbewusstsein und Kameradschaft besondere Attribute waren. Die Idee, eine Kapelle zu installieren, wurde aus diesen Eigenschaften geboren und ist als ein besonders mutiger Schritt zu werten, denn erst acht Jahre vorher hatte sich unter der Leitung tatkräftiger Männer die junge Wehr zu einer für die damalige Zeit schlagkräftigen Einrichtung der Brandbekämpfung entwickelt.

So berichtet die Chronik von einigen Anlaufschwierigkeiten der Feuerwehr und von Erschütterungen des Vereinslebens, die jedoch zügig behoben werden konnten. Erste Aufgabe war es, geeignete Musikinstrumente zu beschaffen. Sie kamen von einem Musikinstrumentenhändler aus Hagen, der sie für 365 DM lieferte. Zum ersten Kapellmeister wurde der langjährige Dirigent des MGV "Constantia" Herscheid, Emil Schmalenbach, gewählt.

In der Folgezeit war es kein leichtes Unterfangen, die Kräfte zu bündeln, denn es wurden sehr schnell die Probleme erkannt, die mit dem Erlernen eines Musikinstrumentes verbunden sind. So gaben einige Männer der ersten Stunde ihre Instrumente zurück. Doch das tat dem Musikzug keinen Abbruch, denn andere traten an ihre Stelle. Dank des großen Fleißes gelang es den Aktiven, durch unermüdliches Üben sich soweit auszubilden, dass sie in der Öffentlichkeit auftreten konnten.

Von nun an bereicherte flotte Marschmusik das Herscheider Gemeinschaftsleben, und voller Begeisterung wird in den alten Akten davon berichtet, wie in den Jahren 1907 und 1908 die Feuerwehrkapelle an einem Sonntagvormittag mit klingendem Spiel zum Spielberg zog, um dort bei einem Fässchen Bier und einem kräftigen Imbiss unterhaltsame Stunden zu verleben.

Es war nur zu selbstverständlich, dass bei den verschiedensten Festlichkeiten innerhalb der Gemeinde der Musikzug verpflichtet wurde; sei es, dass zum Tanz aufgespielt wurde, oder eine Feier durch musikalische Darbietungen bereichert werden sollte. Aber auch beim letzten Gang eines Feuerwehrkameraden begleitete der Musikzug mit ernsten Klängen die Beisetzungsandacht.

Der Erste Weltkrieg verhinderte jegliches Musizieren und blockierte auch in den Nachkriegsjahren jede weitere Aktivitäten. Erst 1921 unternahmen die alten Mitglieder einen neuen Anlauf. Nach einigen Dirigentenwechseln stießen nach und nach weitere gute Musiker zur Kapelle, so dass man in der Lage war, auch größere Festlichkeiten, wie z. B. das Herscheider Wehrfest oder Turn- und Gesangfeste zu bespielen.

In der Mitte der dreißiger Jahre zählte die Kapelle 23 Mitglieder und erreichte damit einen ersten Höhepunk innerhalb ihrer Geschichte. Die harmonische Klangfülle und die guten Leistungen machten den Musikzug sehr schnell über die Grenzen Herscheids hinaus bekannt.

Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde jedoch die gute Aufwärtsentwicklung erneut gestoppt. Erst 1948 formierte man sich unter der Leitung von Otto Heckmann zu neuem Musizieren. Nach zwei weiteren Jahren stellte sich Wilhelm Seuster als Dirigent für kurze Zeit zur Verfügung, da Otto Heckmann von Herscheid verzog. Bis 1956 stand die Kapelle unter der Leitung von Kurt Hausen. Einige Jahre bildete sie das Kernstück des Kreis-Feuerwehrmusikzuges.

Die guten Leistungen der Musiker spornten auch jüngere Kräfte an und veranlassten sie, aktiv mitzuwirken. So zählte die Kapelle seinerzeit eine Stammbesetzung von 22 Personen zuzüglich 7 Jugendliche. Vielen Herscheidern ist heute noch der langjährige Dirigent Alfred Fritsch ein Begriff, der den Musikzug von 1959 bis 1977 leitete. Leider war es seinem Nachfolger, Berthold Rinke aus Attendorn, nur drei Jahre vergönnt, die Leitung zu übernehmen, da er allzu früh mit knapp 40 Jahren verstarb.

Seit dieser Zeit ist der ehemalige Flügelhornist Horst Verse in diese Fußstapfen getreten. Über 25 Jahren hat er inzwischen sehr erfolgreich dieses Amt inne, wofür ihm am 26. März des vergangenen Jahres beim 25. Treffen der Musikeinheiten der Feuerwehren im Märkischen Kreis in unserer Schützenhalle die "Dirigentennadel in Gold mit Diamant" verliehen wurde. Jeder, der diese Veranstaltung miterlebt hat, wird mir Recht geben wenn ich feststelle, dass dieses Konzert ein hochkarätiger Genuss war.

Wer Gelegenheit hat, die Chronik des Musikzuges einzusehen, ist fasziniert von dem umfangreichen Wirkungsfeld:

20 Jahre Bespielung des Herscheider Schützenfestes,
31 Jahre Bespielung des Schützenfestes des Bürgerschützenvereins Lüdenscheid,
23 Jahre Bespielung des Schützenfestes der Lüdenscheider Schützengesellschaft.

Hinzu kamen noch einzelne Schützenfeste in Valbert, Kierspe, Rahmede, Versetal und Werne an der Lippe. 25 Jahre lang wurden die Teilnehmer des Volkswandertages des SGV Herscheid in der Schützenhalle musikalisch unterhalten, und auch bei verschiedenen Picknicks der Vereine ist der Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr ein gern gesehener Unterhalter.

Viele Jahre wurden auch die Fronleichnamsprozessionen in Herscheid und Plettenberg, heute in Listerscheid, sowie die Allerheiligenandachten auf dem Katholischen Friedhof in Plettenberg - bis heute - begleitet. Ebenso die Feierstunde zum Volkstrauertag in Herscheid.

Am 14. November 1964 spielte der Musikzug in Hunswinkel in der Listerhalle für den Fischereiverein Lüdenscheid. An diesem Tag trat auch eine "Drei-Mann-Band" auf. Der Sänger hieß Heinz Georg Kramm. Die Band gibt es heute nicht mehr, wohl aber noch den Sänger, es ist "Heino". Auch der Auftritt vom 11. bis 13. Juni 1982 bei der 100-Jahrfeier der Freiwilligen Feuerwehr in Groß-Felda/Hessen wurde zu einem besonderen Erlebnis. Eine Verbindung zum dortigen Posaunenchor und Spielmannszug bestand seit 1963 und wird bis heute aufrecht erhalten.

Der 25. Juni 1982 war für die Mitglieder des Musikzuges ein besonderer Tag. Hatten sie doch Gelegenheit, Bundespräsident Prof. Dr. Carl Carstens und seiner Frau während ihrer Sauerlandwanderung in Herscheid ein Ständchen zu bringen. Da ich den Präsidenten in meiner Eigenschaft als Bürgermeister in Herscheid willkommen heißen durfte, und wir anschließend beim Abendessen noch einige Zeit zusammen saßen, weiß ich, wie sehr ihm der musikalische Gruß gefallen hat.


Bundespräsident Prof. Dr. Carl Carstens zu Gast in Herscheid am 25. Juni 1982.
(Der Musikzug der Freiw. Feuerwehr Herscheid, unter der Leitung von Horst Verse,
gibt ihm ein Begrüßungsständchen.)

Dass der Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr auch die Geselligkeit und Kontaktpflege untereinander schätzen, das wird durch die vielen Fahrten mit ihren Partnern nach Prag, zur Mosel, zum Chiemsee, in den Schwarzwald, zum Plöner See, in den Bayerischen Wald und zum Rennsteig im Thüringer Wald bewiesen. Auch das Mettwurstessen oder der Familienwandertag mit Kind und Kegel sind Beispiele dieses Zusammengehörigkeitsgefühls.

Was wäre, meine Damen und Herren, der Heilige Abend in Herscheid ohne die Bläser des Musikzuges? Seit 1950 wird die Tradition (mit einer kurzen Unterbrechung), auf Herscheids Straßen Weihnachtslieder zu spielen, gepflegt. Eine allseits beliebte Geste, die höchste Zustimmung genießt.

Meine Damen und Herren,
die Rückschau auf die 106-jährige Geschichte des Musikzuges in einer bewegten Zeit beweist, was Traditionspflege, Ausdauer und Idealismus bewirken können. Die Leistungen der Musiker und Dirigenten sind ein Beispiel für persönliche Einsatzfreude, Begeisterungsfähigkeit und guten Teamgeist zur Förderung der örtlichen Kulturarbeit. Die Altersspanne der Kapellenmitglieder, die zwischen 18 und 78 Jahre liegt, zeigt, dass ein Generationen übergreifendes Miteinander nicht nur möglich ist, sondern auch funktioniert.

Die zur Zeit 18 Aktiven - wovon mit 56 Jahren Hans Stoßberger und mit 55 Jahren Horst Verse die Dienstältesten sind - haben allen Grund, stolz zu sein. So ist der Musikzug ein wichtiges Mosaikstück im Gefüge unseres örtlichen Vereinsspektrums. Er hat die Unterstützung der Öffentlichkeit verdient, und die musikalisch begabten Bürger unserer Gemeinde sollten ihre Talente einbringen, um den Kreis zu erweitern und damit die Existenz zu sichern.

Die Christlich Demokratische Union Herscheid würdigt mit der Verleihung des Bürger-Ehrenpreises 2006 an den Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Herscheid diesen so wirkungsvollen Beitrag für ein lebenswertes Gemeinwesen zur Freude unserer Bürgerinnen und Bürger.

Sie spricht allen Beteiligten Dank und Anerkennung aus und wünscht dem Musikzug eine gute und gesicherte Zukunft.

 

Senioren Union Herscheid
 
Stein am Ortseingang Stein am Ortseingang